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Einsatz von Kreatin für Rehabilitation und bei katabolen Situationen

Dr. Theo Wallimann, Prof. Emeritus, Institut für Zellbiologie, ETH Zürich-Hönggerberg, CH-8093 Zürich
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E-mail: theo.wallimann@cell.biol.ethz.ch
Internet: http://www.cell.biol.ethz.ch/research/emeriti/wallimann


Einleitung

Das Kreatin-Kinase System ist wichtig für die Erhaltung der maximalen Energieaufladung und des Energiegleichgewichts in Zellen und Geweben mit hohem, fluktuierendem Energieverbrauch, wie z.B. Skelett- und Herzmuskel, Gehirn und Nervengewebe, u.a. (Wallimann et al. 1992).
Kreatin, eine natürliche Körpersubstanz, gewinnt immer mehr Bedeutung als wirksamer Nahrungsmittelzusatz und sinnvolles Nahrungsergänzungsmittel zur Verbesserung der Muskelkraft und Leistung in Sport und Alltag, sowie auch bei der Rehabiliation und während der Rekonvalenszenz.
Kreatin zeigt generell erstaunlich positive Wirkungen bei Hochleistungs- und Amateur-sportlern und zwar nicht nur im anaeroben Schnellkraft- und Sprintbereich (Terjung et al. 2000) sondern auch im Ausdauerbereich (Jones et al.2002), besonders was die bessere Effizienz der Energieausnützung (Nelson et al.2000; Rico-Sanz and Mendez-Marco 2000) und die Erholung nach erschöpfender Leistung anbelangt. Neulich wurde zudem gezeigt, dass Kreatin auch die mentale Konzentrations- und Merkfähigkeit fördert und die geistige Ermüdung verlangsamt (Watanabe et al. 2002).
Kreatin wird auf Grund seiner zellschützenden Wirkung bereits auch bei verschiedenen neuromuskulären- (Muskeldystrophie) und neuro-degenerativen Erkrankungen (ALS, MS, Parkinson und Huntington) als wertvolle Hilfstherapie eingesetzt (Wallimann et al. 1999, Wyss & Schulze 2002).

Kreatin bei längerer Immobilisierung und während der Rehabilitation

In einer neueren, als bahnbrechend einzustufenden Arbeit haben Prof. Peter Hespel und sein Team am Dept. für Kinesiologie und Physiotherapie and der K.U. Leuven, Belgien, zusammen mit ihren Kollegen vom Muskelforschungszentrum der Universität Kopenhagen und dem Institut für Biomedizinische Wissenschaften der Universität Nottingham, England, im Journal of Physiology eine Arbeit publiziert, die zeigt, dass eine Kreatinsupplementation zum Zeitpunkt einer vollständigen Immobilisierung von jeweils einem Bein, zwar nicht die durch die Immobilisierung bedingte Muskelatrophie verhindern kann, aber nachher die Rehabilitationsphase deutlich verbessert und beschleunigt wird: Muskelquerschnitt und Musklekraft erholten sich im Zusammenspiel mit einem Rehabilitations-Training in der Kreatin-Gruppe deutlich besser als in der Plazebo-Guppe. Sowohl Muskelumfang, als auch Muskelkraft nahmen in der Kreatin-Guppe schneller zu und erreichten ein höheres Niveau als in der Kontrollgruppe. Zudem war in der Kreatin-Gruppe auch beim kontra-lateralen Bein, das nicht immobilisiert worden war und anschliessend während der Rehabilitationsphase auch nicht speziell trainiert worden war, ein Zuwachs an Muskelmasse und Muskelkraft messbar.
In derselben Studie wurde gezeigt, dass Kreatin die Expression von muskelbildenden (myogenen) Transkriptionsfaktoren anregt (Hespel et al. 2001), die dann für die Initiierung des Muskelwachstums verantwortlich sind. Zudem ist schon seit einiger Zeit bekannt, dass auch die Satelliten-Zellen, d.h. die im erwachsenen Muskel vorhandenen Muskel-Stammzellen, die am Wiereraufbau der Muskelmasse beteiligt sind, durch Kreatin zur Teilung angeregt werden (Dangott et al. 2000). Die gleichzeitige Erhöhung der Expression von muskelbildenden Faktoren, sowie die Stimulierung von Muskel-Stammzellen durch Kreatin können die Verbesserungen der Wiederherstellung der Muskulatur während der Rehabilitationsphase in der Kreatin-Gruppe erklären.

Kreatin vor geplanten orthopädischen Eingriffen und Operationen

Es ist zu erwarten, dass bei geplanten Eingriffen (orthopädische Operationen, Hüft- oder Knie-Prothese etc.), falls Patienten zwei Wochen vor dem Eingriff mit Kreatin supplementiert werden können, sogar die durch die Immobilisierung bedingte Muskelatrophie durch Kreatin positiv beeinflusst werden kann. Nicht nur individuell für den Patienten, sondern auch volkswirtschaftlich gesehen, ist mit dieser einfachen und billigen Intervention der Kreatin-Supplementierung ein grosses Potential auszuschöpfen, falls Patienten und Operierte einige Tage oder Wochen früher wieder arbeitsfähig sind.

Kreatin bei katabolen Zuständen und schwerer Krankheit

Es ist bekannt, dass bei katabolen Zuständen, ausgelöst durch schwere Krankheiten, wie AIDS, Krebs, ALS, Huntington oder Postpolio-Syndrom etc., oder bedingt durch ungenügende und einseitige Ernährung, die Muskelmasse mehr oder weniger schnell abnehmen kann. Auf Grund der oben aufgeführten Publikation, die zeigt, dass Kreatin die Bildung von Muskelmasse fördert, scheint es durchaus logisch und angebracht, Kreatin bei solchen Zuständen als Hilfstherapie einzusetzen, zudem bei der empfohlenen Dosis von 2-3 x 4 Gramm Kreatin (total 8-12 Gramm) pro Tag während 14 Tagen und anschliessend von 1-2 x 2 Gramm Kreatin (total 2-4 Gramm) pro Tag an Wochentagen, gefolgt von Pausen während den Wochenenden, keine signifikanten Nebenwirkungen aufgetreten sind.

Referenzen:

Dangott B, Schultz E, Mozdziak PE. (2000)
Dietary creatine monohydrate supplementation increases satellite cell mitotic activity during compensatory hypertrophy.
Internatl. Journal of Sports Medicine. 2000 Jan;21(1):13-16

Hespel P, Op't Eijnde B, Van Leemputte M, Urso B, Greenhaff PL, Labarque V, Dymarkowski S, Van Hecke P, Richter EA. (2001).
Oral creatine supplementation facilitates the rehabilitation of disuse atrophy and alters the expression of muscle myogenic factors in humans.
Journal of Physiology 2001 Oct 15;536(Pt 2):625-633.

Jones AM, Carter H, Pringle JS, Campbell IT. (2002)
Effect of creatine supplementation on oxygen uptake kinetics during submaximal cycle exercise.
Journal of Applied Physiology. 2002 Jun;92(6):2571-2577.

Nelson AG, Day R, Glickman-Weiss EL, Hegsted M, Kokkonen J, Sampson B.(2000)
Creatine supplementation alters the response to a graded cycle ergometer test.
European Journal of Applied Physiology 2000 Sep;83(1):89-94.

Rico-Sanz J, Mendez Marco MT. (2000)
Creatine enhances oxygen uptake and performance during alternating intensity exercise.
Medicine and Science in Sports and Exercise 2000 Feb;32(2):379-85.

Terjung RL, Clarkson P, Eichner ER, Greenhaff PL, Hespel PJ, Israel RG, Kraemer WJ, Meyer RA, Spriet LL, Tarnopolsky MA, Wagenmakers AJ, Williams MH (2000).
American College of Sports Medicine roundtable. The physiological and health effects of oral creatine supplementation.
Medical Sciences in Sports and Exercise. 2000 Mar;32(3):706-717.

Wallimann T, Wyss M, Brdiczka D, Nicolay K, Eppenberger HM (1992)
Intracellular compartmentation, structure and function of creatine kinase isoenzymes in tissues with high and fluctuating energy demands: the “phosphocreatine circuit” for cellular energy homeostasis.
Biochemical Journal. 1992 Jan 1;281 ( Pt 1):21-40. Review.

Wallimann, T. Schlattner, U., Guerrero, L., and Dolder, M. (1999).
The phosphocreeatine circuit and creatine supplementation, both come of age!
In the book: Guanidino Compounds: Volume 5 (edited by A.Mori, M. Ishida, and J.F. Clark) Blackwell Science Asia Pty Ltd. pp 117-129.

Watanabe A, Kato N, Kato T. (2002).
Effects of creatine on mental fatigue and cerebral hemoglobin oxygenation.
Neuroscience Research 2002 Apr;42(4):279-285

Wyss M, Schulze A. (2002)
Health implications of creatine: can oral creatine supplementation protect against neurological and atherosclerotic disease?
Neuroscience. 2002;112(2):243-60


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