Anwendung von Kreatin im Anti-Aging und Wellness-Bereich
Dr. Theo Wallimann, Prof. Emeritus, Institut
für
Zellbiologie, ETH Zürich-Hönggerberg, CH-8093 Zürich
Privat: Schürmattstrasse 23, CH-8962 Bergdietikon Tel.:
+41-(0)44-740-70-47, Fax: +41-(0)44-741-30-08
E-mail: theo.wallimann@cell.biol.ethz.ch
Internet: http://www.cell.biol.ethz.ch/research/emeriti/wallimann
Einleitung
Das Kreatin-Kinase System ist wichtig für die Erhaltung der maximalen Energieaufladung und des Energiegleichgewichts in Zellen und Geweben mit hohem, fluktuierendem Energieverbrauch, wie z.B. Skelett- und Herzmuskel, Gehirn und Nervengewebe, u.a. (Wallimann et al. 1992). Kreatin, eine natürliche Körpersubstanz, gewinnt immer mehr Bedeutung als wirksamer Nahrungsmittelzusatz und sinnvolles Nahrungsergänzungsmittel zur Verbesserung der Muskelkraft und Leistung in Sport und Alltag, sowie für die Rehabilitation und während der Rekonvaleszenz (Hespel et al. 2001). Kreatin zeigt generell erstaunlich positive Wirkungen bei Hochleistungs- und Amateursportlern und zwar nicht nur im anaeroben Schnellkraft- und Sprintbereich (Terjung et al. 2000), sondern auch im Ausdauerbereich (Jones et al.2002), besonders was die bessere Effizienz der Energieausnützung (Nelson et al.2000; Rico-Sanz and Mendez-Marco 2000) und die Erholung nach erschöpfender Leistung anbelangt. Neulich wurde zudem gezeigt, dass Kreatin auch die mentale Konzentrations- und Merkfähigkeit fördert und die geistige Ermmüdung verlangsamt (Watanabe et al. 2002). Kreatin wird auf Grund seiner zellschützenden Wirkung bereits auch bei verschiedenen neuromuskulären- (Muskeldystrophie) und neuro-degenerativen Erkrankungen (ALS, MS, Parkinson und Huntington) als wertvolle Hilfstherapie eingesetzt (Wallimann et al. 1999, Wyss & Schulze 2002).
Schädigung von Zellen durch Sauerstoffradikale als Prozess des Alterns
Eine ganze Anzahl von altersbedingten und degenerativen Erkrankungen gehen einher mit- oder werden verursacht durch Schädigung der Zellen via hoch-reaktive Sauerstoffradikale [Wasserstoffperoxid und Superoxid, sowie aggressive Hydroxylradikale und das überaus reaktive Peroxynitrit (letzteres entsteht durch Reaktion von Superoxid mit Stickoxid (NO)]. Diese Sauerstoffradikale entstehen unter gewissen Zell-Stress-Bedingungen, u.a. verursacht durch eine kompromitierte Zellenergetik (chronisch erniedrigte ATP-Konzentration und als Folge davon chronisch erhöhte Kalzium-Konzentration in der Zelle). Chronische Belastung der Zellen mit Sauerstoffradikalen und Kalzium kann zum Zelltod, vor allem von Nervenzellen, führen und neurodegenerative Krankheiten, wie ALS (amyotrophe Lateralsklerose) etc. auslösen. Dieselben Radikale werden aber auch bei anstrengender physischer und psychischer Leistung in den Energiefabriken der Zellen, den Mitochondrien, gebildet und unter normalen Bedingungen grösstenteils entgiftet. Falls mit der Ernährung zuwenig Stoffe mit anti-oxidativer Kapazität [Vitamin E und C, Mineralien (Selen), sowie sekundäre Pflanzenstoffe, wie Lycopin (roter Tomatenfarbstoff)] etc. eingenommen werden, können die in den Zellen gebildeten Sauerstoffradikale nicht oder nur zum Teil entgiftet werden.
Eigenschaften von Kreatin als anti-oxidativer Wirkstoff
In einer neuen Arbeit von Lawler et al. (2002) wurde nun gezeigt, dass Kreatin in der Lage ist, wirkungsvoll gewisse Arten von freien Sauerstoffradikalen zu neutralisieren (entgiften). Während durch Kreatin die Konzentrationen von Wasserstoffperoxid nur wenig erniedrigt wurde, konnte durch physiologische Konzentrationen von Kreatin sowohl Superoxid und Peroxinitrit, sowie auch ABTS+, ein kationische Radikal (2.2-azino-bis(2-ethylbenzothiazoline -6-sulfonic acid) effizient entfernt werden. Das ist die erste wissenschaflich begründete experimentelle Evidenz, dass Kreatin das Potential hat, direkt als Antioxidans gegen freie Radikale und reaktive Sauerstoffverbindungen zu agieren. Diese Tatsache ist insofern von Bedeutung, als dass Kreatin in Muskel und Nervenzellen in relativ hohen Konzentrationen (5-50 mM) vorkommt.
Kreatin als Anti-Aging Substanz
Die
Tatsache, dass Kreatin positiv in drei
fundamentale Prozesse eingreifen kann, die
bekanntlich für die
Degeneration und das
Altern von Zellen und Geweben verantwortlich
sind, 1) ein chronisches Energiedefizit der
Zellen, 2) eine
chronische Erhöhung der
intrazellulären
Kalzium-Konzentration und 3)
eine erhöhte Produktion und
Konzentration
von freien Sauerstoffradikalen in der Zelle,
zeigt,
dass Kreatin das Potential für eine
ideale Anti-Aging Substanz
hat.
Durch Kreatin-Supplementation (2-4 Gramm pro Tag
während Werktagen mit Pause jeweils übers Wochenende)
können nachweislich 1) der zelluläre Energiestatus in
Muskel, Hirn und Nerven verbessert (Terjung et al.2000), 2) eine
chronische Überladung der Zellen mit Kalzium minimiert (Pulido et
al. 1998) und offenbar auch aggressive Sauerstoffradikale eliminiert
werden (Lawler et al. 2002). Dadurch kann das Absterben von Zellen,
gezeigt mit gestressten Nervenzellen in Zellkultur (Brewer and
Wallimann 200) und Geweben, gezeigt am dystrophen Muskel der mdx Maus
in vivo, verhindert werden (Passaquin et al. 2002)
Gesundes Altern mit Kreatin: positive Versuche beim Tier
Auf 969 Lebensjahre, die
dem biblischen Methusalem zugeschrieben werden, wird es der moderne
Mensch wohl nie bringen. Eine bescheidene Verlängerung der
Lebenszeit und vor allem eine Verzögerung der Alterungsprozesse
scheinen aber durchaus realistisch – möglicherweise mit
Hilfe der organischen Säure Kreatin. Diese Substanz ist als
Nahrungsergänzungsmittel bereits weit verbreitet und wird vor
allem von Sportlern zur muskulären Leistungssteigerung
eingenommen. Der Stoff bewahrte aber auch Nervenzellen im Tierversuch
vor neurodegenerativen Leiden wie Parkinson oder der Erbkrankheit
Chorea Huntington. Doch Kreatin kann noch mehr, wie Münchner
Wissenschaftler um Dr. Andreas Bender und Privatdozent Dr. Thomas
Klopstock an der Neurologischen Klinik der Universität
München jetzt in der online-Ausgabe der Fachzeitschrift
„Neurobiology of Aging“ zeigen. „Die Einnahme von Kreatin
führt bei Mäusen zu einer Lebensverlängerung von neun
Prozent“, so Klopstock. „Das ist im Vergleich zu anderen
‚anti-aging’-Ansätzen, etwa einer Kalorienreduktion,
zwar nicht aussergewöhnlich viel. Die Einnahme von Kreatin
wäre aber als bislang einzige Massnahme vermutlich relativ
problemlos vom Tier auf den Menschen übertragbar.“
Im
Tierversuch scheint es oft ganz einfach: So können die
Lebensspannen von Taufliegen oder bestimmten Fadenwürmern und
Nagetieren jetzt schon deutlich verlängert werden. Die bei
diesen Experimenten gewonnenen Erkenntnisse lassen sich aber nur
selten – wenn überhaupt – auf den Menschen
übertragen. Denn der Prozess unserer Alterung ist immer noch nur
im Ansatz verstanden. Einige wichtige Mechanismen, die dabei eine
Rolle spielen, sind bereits bekannt. So greifen etwa so genannte
freie Sauerstoffradikale Zellen an. Zur Alterung des Körpers
tragen aber auch Fehlfunktionen in bestimmten Stoffwechselwegen bei,
die dann noch oftmals miteinander verknüpft sind. Diese
komplexen Wechselwirkungen aber machen es umso schwieriger, die
Faktoren und molekularen Abläufe der Alterung zu beeinflussen
und zu kontrollieren. „Eine verstärkte Produktion von
Enzymen, die als Antioxidantien wirken, kann beispielsweise die
Lebensspanne in verschiedenen Organismen verlängern“, so
Klopstock. „Eine derartige Massnahme auf genetischer Ebene
kann aber im Menschen nicht einfach vorgenommen werden. Die
Verfütterung von Antioxidantien an Mäuse aber hatte
wiederum keinen Einfluss auf deren Alterung.“
Eine schützende
Wirkung von Kreatin auf Nervenzellen war in den letzten Jahren in
Tiermodellen für Parkinson und Chorea Huntington bereits gezeigt
worden. Da diese neurodegenerativen Erkrankungen auf ähnlichen
molekularen Mechanismen beruhen wie der Alterungsvorgang selbst,
wollte das Team um Klopstock die Auswirkungen der Substanz auf die
Lebensspanne von Mäusen testen. Dazu verabreichten sie 162
weiblichen Mäusen die gleiche Diät, wobei bei der
Hälfte der Tiere Kreatin beigemischt war. Es zeigte sich, dass
die Lebensspanne der Tiere, die Kreatin zu fressen bekamen, im
Schnitt um neun Prozent verlängert war. „Wir fanden aber
noch weitere positive Effekte“, berichtet Klopstock. „So
schnitten die Mäuse im hohen Alter körperlich, also in
puncto Muskelkraft und Gleichgewicht, aber auch in Bezug auf ihr
Gedächtnis, deutlich besser ab. Das zeigte sich unter anderem
daran, dass sich eine geringere Menge des Alterspigments Lipofuszin
im Gehirn ablagerte, und auch die freien Sauerstoffradikale reduziert
waren. Dagegen steigerte sich die Aktivität von
‚anti-aging’-Genen im Gehirn, die das Wachstum der
Neuronen fördern und diese Zellen schützen sowie das Lernen
erleichtern. Ingesamt also verbesserte die Einnahme von Kreatin die
Gesundheit von Mäusen und verlängerte ihre Lebenszeit. Weil
die gute Verträglichkeit von Kreatin bereits bekannt und erprobt
ist, könnte diese Substanz möglicherweise also auch zu
einem gesunden Altern beim Menschen beitragen.“
Referenzen:
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Related Articles, Links
Abstract
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